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Bischöfin Hofmann: Gemeinsam für den gerechten Frieden arbeiten
Im Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrstagung der Landessynode am 8. Mai 2025 erinnerte Bischöfin Dr. Beate Hofmann an den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. In ihrer Ansprache würdigte sie den historischen Tag als Mahnung und Auftrag zum Einsatz für Frieden und Versöhnung. Nachfolgend dokumentieren wir ihre Begrüßungsrede im Wortlaut:
«Es gibt Tage, an die erinnert man sich noch Jahrzehnte später. Der 8. Mai 1945 ist so ein Tag, auch der 9. November 1989 oder der 11. September 2001.
Meine Eltern konnten noch 50 Jahre später sehr präzise von ihren Erlebnissen und Gefühlen am 8. Mai 1945 erzählen. Da war Erleichterung, dass das Bomben und Schießen endlich vorbei ist. Da war Sorge, wie die Sieger sich den Besiegten gegenüber verhalten würden. Da war banges Warten, ob die Väter aus dem Krieg zurückkommen würden.
Meine beiden Großväter kamen nicht zurück, wie Millionen andere. Unendliches Leid und großen Schmerz hat dieser von Deutschland begonnene Krieg über Familien und Völker weltweit gebracht. Schwer fassbar sind die Zahlen, bedrückend die Bilder. 40 Jahre lang wurde der 8. Mai als Tag der Kapitulation bezeichnet. 1985, durch die Rede von Richard v. Weizäcker, wurde daraus der Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mit ihren Konzentrationslagern, ihrer völkischen Ideologie und ihrem Terror. Und heute, nach 80 Jahren?
Viele Überzeugungen, die wir als christliche Kirchen nach 1945 zu Krieg und Frieden vertreten haben, wurden in den letzten Jahren in Frage gestellt. Frieden stiften ist komplizierter geworden. Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, mit welcher Brutalität Russland andere Staaten bedroht.
Auch Friedensbewegte der 80er Jahre unterstützen heute die Ukraine und wollen keinen amerikanisch-russischen Diktatfrieden, der Täter belohnt und Opfern Freiheit und Gerechtigkeit vorenthält.
Andere protestieren gegen Waffenlieferungen und fordern vehement ein Ende der Kämpfe. Viele fühlen sich zerrissen angesichts dieser politischen Widersprüche.
Und wir erleben, wie übersteigerter Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus wieder politikfähig werden. Gerade darum ist es wichtig, zu Beginn unserer Synodaltagung miteinander an den 8. Mai 1945 und seine Lernerfahrungen zu erinnern.
Wir sind dankbar für den Frieden und die Demokratie, in der wir leben dürfen. Wir sind dankbar für die Versöhnung, die uns geschenkt wurde. Trotz der Verbrechen, die im Namen Deutschlands begangen wurden, werden wir wieder weltweit akzeptiert und sind aktiver Teil der Völkergemeinschaft.
Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die daraus erwächst. Wir wollen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und dem, was zum Krieg führt, entgegentreten: Größenwahn, Gier und Gewalt. Wir wollen wachsam sein und mutig unseren Glauben bekennen an einen Gott, der Frieden und Versöhnung schenkt.
'Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein', davon sind wir auch 80 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs überzeugt.: Wir wollen unsere Vernetzungen mit Christinnen und Christen weltweit stärken, um gemeinsam für den gerechten Frieden zu arbeiten.»
Melanchthon-Schule Steinatal feiert 80 Jahre Demokratie
Mit einem vielfältigen Programm begeht die Melanchthon-Schule Steinatal (MSS) am Donnerstag, 8. Mai, den 80. Jahrestag von Demokratie und Frieden in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen Projekte zur Auseinandersetzung mit demokratischen Werten sowie eine öffentliche Theateraufführung.
«Wir sind sehr dankbar dafür, und es wird uns in diesen Zeiten sehr bewusst, dass wir Privilegierte sind. Daher sind die beiden größten Programmpunkte auch für eine breite Öffentlichkeit vorgesehen», erklärt die Schulleitung des Gymnasiums, dessen Trägerin die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck ist.
Den Auftakt bildet am Mittwoch, 7. Mai, um 19 Uhr (Einlass ab 18 Uhr) ein Konzert mit Soffi sowie den Vorbands Egisson und Thea Klar. Der Eintritt kostet 15 Euro. Karten sind im regionalen Buchhandel und bei der Wirtschaftsleitung der Schule erhältlich.
Am Donnerstagvormittag setzen sich die Schülerinnen und Schüler in über 25 Projektangeboten mit der Bedeutung von Demokratie und Frieden auseinander. Die Veranstaltungen werden von Lehrkräften, externen Expertinnen und Experten – darunter Vertreter des hessischen Verfassungsschutzes und Prof. Dr. Conze – sowie von Schüler:innen selbst geleitet. Auch kirchliche und kommunale Akteure sind beteiligt.
Ab 11 Uhr wird für die Schulgemeinschaft das Theaterstück «Was heißt hier ‚wir‘ – eine Suche nach der deutschen Identität» gezeigt, eine Produktion aus Würzburg. Die öffentliche Aufführung beginnt um 19 Uhr. Karten kosten 10 Euro und sind ebenfalls im Buchhandel und bei der Schule erhältlich.
Erinnerung an Zwangsarbeiterinnen in Hessisch Lichtenau
Ende März wurde in Hessisch Lichtenau der Blanka-Pudler-Platz unter großer Beteiligung der Bevölkerung feierlich eingeweiht. Blanka Pudler war eine von rund 1.000 zumeist ungarischen Jüdinnen, die im damaligen Munitionswerk von den Nationalsozialisten zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden.
Bereits 1986 wurde auf dem Gelände der ehemaligen Realschule, später Förderstufe, ein tonnenschwerer Gedenkstein aufgestellt. Er erinnert an die Frauen aus dem Konzentrationslager Auschwitz, die zwischen August 1944 und dem 29. März 1945 im Außenkommando Vereinshaus des Lagers Buchenwald in zehn Baracken untergebracht waren. Am 29. März 1945 wurde das Lager angesichts der heranrückenden US-Truppen evakuiert.
Blanka Pudler überlebte das Lager und kam 1987 auf Einladung der Geschichtswerkstatt Hessisch Lichtenau/Hirschhagen mit weiteren ehemaligen Zwangsarbeiterinnen erstmals zurück – nicht, um anzuklagen, sondern zur Versöhnung. In den Folgejahren reiste sie häufig in die Region, führte Gruppen durch das ehemalige Munitionswerk und engagierte sich insbesondere in der Bildungsarbeit an Schulen. 2012 wurde ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande gewürdigt. Sie verstarb 2017 im Alter von 88 Jahren in Budapest. 2024 beschlossen die Lichtenauer Stadtverordneten, den Platz an der Heinrichstraße nach ihr zu benennen.

«... dass Frieden und Gerechtigkeit sich küssen!»
(Psalm 85, 11)
Hören wollen wir, was Gott zu sagen hat.
Lauschen, wie der Frieden klingt.
Vor 80 Jahren klang er wohl unfassbar.
Traurig, müde, voll Schuld.
Erleichtert, befreit: Der Krieg hat ein Ende.
- Ach, Gott, hätten doch heute Kriege ein Ende.
Wie klingt der Frieden, Gott?
80 Jahre lang klingt er nun schon, wie schön.
Häuser wurden wieder aufgebaut, Menschen fanden Heimat.
Das Land wurde geteilt und ist wieder vereint.
- Ach, Gott, erbarme dich derer,
die heute Mauern überwinden müssen und Heimat suchen.
Wie klingt der Frieden, Gott?
Denken wir an die Zukunft, dann bangen wir um ihn.
Rüstungsausgaben steigen,
kriegstüchtig sollen wir werden.
- Ach Gott, du hast den Frieden in unser Herz gelegt.
Erbarme dich unser, richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.
Ein Friedensgebet zum 8. Mai 2025 im Gedenken an 80 Jahre Frieden, formuliert von Pfarrerin Sabine Müller-Langsdorf. Sie ist Referentin für Friedensarbeit im Zentrum Oekumene der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Wir stellen das Kyriegebet aus ihrer Andacht vor. Der ganze Text kann hier als PDF-Dokument abgerufen werden.
Künstlerin bringt NS-Vergangenheit ans Licht
Zum Gedenken an den Todesmarsch von Häftlingen des Konzentrationslagers Katzbach vor 80 Jahren fand am 30. März in Aufenau bei Wächtersbach eine Kunstaktion statt. Bei der kollektiven Performance «24-29-3-45» der Künstlerin Ulrike Streck-Plath trugen Teilnehmer:innen sowie Passant:innen symbolisch Figuren ein Stück der historischen Route. Die Stadt Wächtersbach hatte zu der Gedenkveranstaltung aufgerufen: «Es sollte die moralische Pflicht einer jeden menschlichen Gemeinschaft sein, ihrer Toten zu gedenken – auch der Opfer des Todesmarsches des Konzentrationslagers Katzbach in unserer Region.»
Das KZ Katzbach wurde im August 1944 in den Frankfurter Adlerwerken als Außenlager des KZ Natzweiler im Elsass errichtet. Zeitweise waren dort über 1.200 Häftlinge – mehrheitlich polnische Widerstandskämpfer aus dem Warschauer Aufstand – inhaftiert und zur Arbeit im Panzer- und Munitionsbau gezwungen.
Der Todesmarsch war ein letzter Versuch des NS-Regimes, Zeug:innen der Verbrechen zu beseitigen. Rund 350 Häftlinge wurden Ende März 1945 bei Schneeregen von Frankfurt über das Kinzigtal bis nach Hünfeld getrieben – meist nachts. Nur 280 erreichten das KZ Buchenwald. Mindestens 50, vermutlich bis zu 70 Menschen überlebten den Marsch nicht. Insgesamt sollen nur etwa 140 der rund 1.600 Häftlinge das KZ und die Todesmärsche überlebt haben.