Bischöfin Hofmann: «Beherzter Einsatz für die Demokratie»
Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Dr. Beate Hofmann, erinnert an Lübckes «beherzten Einsatz für Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und inneren Frieden». Er habe dazu gemahnt, Menschen nicht zu verachten und zu hassen, die als fremd oder anders wahrgenommen werden. «Möge uns sein Einsatz für Demokratie, Vertrauen und Zusammenhalt weiterhin ermutigen in unserem Engagement heute», wirbt die Bischöfin.
Zugleich appelliert sie, angesichts der wachsenden Bedrohungen durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus die Werte des Grundgesetzes zu verteidigen. «Die Demokratie braucht eine Streitkultur in gegenseitiger Achtung, angstfreiem Dialog und einem gemeinsamen Ringen um die besten Lösungen. Kompromisse zu schließen ist kein Ausdruck von Feigheit, sondern von Klugheit.»

Die Bibel verstehe jeden Menschen als Ebenbild Gottes, so die Bischöfin. «Alle verdienen die gleichen Rechte, die gleichen Chancen und den gleichen Schutz und haben die gleiche Verantwortung für das Gemeinwohl.» Andererseits kenne die Bibel auch die Abgründigkeit des Menschen. Darum brauche es Gewaltenteilung und gegenseitige Kontrolle, außerdem vielfältige, freie Medien und eine engagierte Zivilgesellschaft, um mögliche staatliche Fehlentwicklungen offenzulegen.
Auch Kirche leiste einen Beitrag zur Demokratie, etwa indem sie Menschen in ihren Gremien mit demokratischen Spielregeln vertraut macht und indem sie Begegnungen ermöglicht. Kirche stehe zudem für feste Grundüberzeugungen von Nächstenliebe, Respekt und den Abbau von Gewalt. «Beides zu verbinden – Verständnis und Klarheit, Offenheit und Position – fordert uns als Kirche wie alle gesellschaftlichen Akteure heraus», macht Bischöfin Hofmann deutlich. Sie wirbt: «Demokratie muss immer neu gewagt werden.»
Regierungspräsident erinnert an Vermächtnis seines Vorgängers
Zum sechsten Jahrestag des Mordes hat auch Kassels Regierungspräsident Mark Weinmeister an das politische und persönliche Vermächtnis seines Vorgängers erinnert. Lübcke habe für Menschlichkeit, demokratische Prinzipien und eine offene Gesellschaft gestanden, betonte Weinmeister im Gespräch mit dem Medienhaus der EKKW. Der Mord sei ein Angriff auf diese Werte gewesen: «Das war ein feiger Mord an jemandem, der für seine Überzeugung eingestanden ist.»
Weinmeister, der Lübcke seit der gemeinsamen Zeit im hessischen Landtag kannte, beschrieb ihn als bodenständigen Menschen mit viel Humor und klarer Haltung. Besonders seine Position während der Flüchtlingskrise 2015 sei ihm in Erinnerung geblieben – Lübcke habe stets betont, dass Menschenrechte im Rechtsstaat an oberster Stelle stehen.

Im Gespräch hob Weinmeister auch die Rolle der Kirche als zivilgesellschaftlicher Akteur hervor. Kirche verbinde Menschen, fördere Gemeinschaft und sei ein wichtiger Teil demokratischer Kultur. Sie müsse diese Rolle aktiv wahrnehmen und zugleich bereit sein, Kompromisse mitzutragen.
Gerade die Fähigkeit zum Kompromiss sei laut Weinmeister ein zentrales Element demokratischer Prozesse. Demokratie funktioniere nur dann, wenn möglichst viele Menschen mitgenommen würden – und das gehe nur durch Dialog und gegenseitiges Verständnis, nicht durch populistische Maximalforderungen. Mehr zum Thema…
Feierliches Erinnern an Walter Lübcke am 2. Juni in Kassel
Am 2. Juni wird in der Kasseler Martinskirche mit einer Gedenkfeier an den ehemaligen Regierungspräsidenten Walter Lübcke erinnert. Die Feier beginnt um 15 Uhr und wird gemeinsam vom Regierungspräsidium Kassel und der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte ausgerichtet. Die Gedenkansprache hält Bischöfin Beate Hofmann. Begrüßt werden die Teilnehmenden von Regierungspräsident Mark Weinmeister und Pfarrer Dr. Willi Temme. Musikalisch gestaltet wird die Feier durch den Chor des Regierungspräsidiums. Auszubildende sowie Anwärterinnen und Anwärter treten mit persönlichen Texten als «Stimme der Zukunft» auf. Fürbitte und Friedensgebet sprechen Pfarrer Temme und Pastoralreferentin Beatrix Ahr.
Die Veranstalter laden alle Bürgerinnen und Bürger ein, an der Gedenkfeier teilzunehmen. Am Ende der Veranstaltung ist ein gemeinsamer Auszug aus der Martinskirche vorgesehen – verbunden mit einem öffentlichen Zeichen für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Die Osanna-Glocke der Martinskirche, ein starkes Symbol für Rechtsstaat, Demokratie und inneren Frieden, erklingt auch in diesem Jahr wieder als mahnendes Zeichen. Seit 2020 läutet sie jährlich zum Gedenken an Walter Lübcke und alle Opfer politischen Terrors. Musikalische Beiträge, persönliche Texte junger Mitarbeitender des RP Kassel sowie Fürbitten und Gebete gestalten die Feier mit. Mehr zum Thema…
Der Mord am 2. Juni 2019

Walter Lübcke war am 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha (Landkreis Kassel) von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden. Der frühere CDU-Landtagsabgeordnete und Regierungspräsident hatte sich öffentlich für Geflüchtete eingesetzt. Stephan Ernst wurde am 29. Januar 2021 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.