Über dem Eingangstor zum KZ Auschwitz prangt der berühmte Satz «Arbeit macht frei»

Über dem Eingangstor zum KZ Auschwitz prangt der berühmte Satz «Arbeit macht frei». Er war von den Nazis als Verhöhnung der Häftlinge gedacht, die in diesem und vielen anderen Lagern unter Zwang arbeiten mussten und ausgebeutet, erniedrigt und ermordet wurden.

Kassel / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Jan 2025

«Jede Verharmlosung oder Forderung nach einem Schlussstrich, auch jeder Vergleich mit anderen Massakern nimmt nicht ernst, wie grauenhaft und bisher einzigartig das ist, was in Auschwitz geschehen ist», macht die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) in ihrem Aufruf deutlich. Am Ort der Kundgebung – dem Kasseler Hauptbahnhof - wurden rund 2.500 Jüdinnen und Juden deportiert.

Vom Kasseler Hauptbahnhof aus verschleppten die Nazis die Deportierten in Ghettos und in Vernichtungslager - am 9. Dezember 1941 nach Riga, am 1. Juni 1942 nach Majdanek, am 7. September 1942 nach Theresienstadt. Das Eigentum der Menschen wurde anschließend unter der Bevölkerung versteigert. Anders als früher wurde bei der Gedenkkundgebung nicht nur das Schicksal der Ermordeten beklagt. Die Deportierten wurden symbolisch heimgeholt und namentlich in die Stadt und in die Gesellschaft begleitet, aus der die Mörder und Plünderer sie rissen, teilte Sabine Wilms vom Veranstalterkreis mit.

Portraitfoto zeigt Boschöfin Dr. Beate Hofmann
«Antisemitismus und Rassismus dürfen nie wieder eine gesellschaftlich akzeptable Haltung werden.»
Bischöfin Dr. Beate Hofmann

Es sei weiter notwendig, zu verstehen, wie es zu der massenhaften und gezielt geplanten Ermordung von Millionen Menschen kommen konnte, so Bischöfin Hofmann weiter. Die Mechanismen der Machtergreifung, der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und der Mobilisierung von Massen gelte es zu begreifen und zu erinnern. «Nur so werden wir verhindern können, dass sich so etwas wiederholen kann», ist die Bischöfin überzeugt.

Wie wichtig es sei, eben keinen Schlussstrich zu ziehen, spiegelten die aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen: «Wenn heute manche von massenhafter Remigration sprechen und damit Deportation meinen, wenn antisemitische Stereotypen und Hassbotschaften wieder auf deutschen Straßen gebrüllt, an Hauswände geschmiert oder in den sozialen Medien verbreitet  werden, wenn antisemitisches und rassistisches Denken in der Mitte der Gesellschaft wieder salonfähig ist, dann ist die Erinnerungsarbeit weiterhin unverzichtbar», so die Bischöfin. Sie appelliert: «Antisemitismus und Rassismus dürfen nie wieder eine gesellschaftlich akzeptable Haltung werden.»

Kundgebung in Kassel

Rede von Bischöfin Dr. Beate Hofmann am 27. Januar 2025 zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor dem Kasseler Hauptbahnhof als PDF-Dokument

Begegnung von Auszubildenden in der Gedenkstätte Auschwitz

Nie wieder ist jetzt! Unter diesem Motto demonstrierten zum Beispiel in Kassel immer wieder mehrere tausend Menschen - gegen rechtsextreme und antirassistische Politik. Gegen das Vergessen – daran wird auch am Auschwitz-Gedenktag erinnert. Auch Auszubildende des Volkswagen-Werks in Baunatal engagieren sich dafür: Albofazl Ramazani und Melody Jentsch haben in der Gedenkstätte Auschwitz mitgearbeitet. Sie gehörten zu einer Gruppe von rund 30 junge Menschen, die sich im Sommer 2024 für zwölf Tage in der Gedenkstätte Auschwitz engagiert haben. Im Herbst schilderten sie Bischöfin Beate Hofmann ihre persönlichen Eindrücke. Zum Bericht…

Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau

Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ist das wichtigste Symbol für den millionenfachen Mord der Nationalsozialisten an Juden und anderen Minderheiten. Sechs Millionen Menschen wurden im Holocaust ermordet, 1,1 Millionen davon allein in Auschwitz. Das Konzentrationslager im besetzten Polen, am Westrand der Stadt Oswiecim zwischen Krakau und Kattowitz gelegen, bestand von 1940 bis zur Befreiung durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945.

Ausgewählte Veranstaltungen zum Holocaustgedenktag

Kassel, Karlskirche, 26. Januar, 17 bis 18.30 Uhr: Holocaust-Gedenkkonzert mit der jüdischen Kantorin Sofia Falkovitch (Paris)

Kassel, Hauptbahnhof, 27. Januar ab 17 Uhr: Kundgebung mit Menschenkette. Vom Rainer-Dierichs-Platz vor dem Hauptbahnhof geht es nach der Kundgebung auf dem Weg der Deportierten vom Bahnhofsvorplatz über die Werner-Hilpert-Straße und Erzbergerstraße zurück zur damaligen Sammelstelle in die Schillerstraße 16 bis auf den Schulhof der Arnold-Bode-Schule. Geplant ist eine Menschenkette entlang des 950 Meter langen Weges. Sie bewegt sich schließlich zur Arnold-Bode-Schule, wo ab ca. 18.30 Uhr eine Abschlusskundgebung geplant ist.

Korbach, Bürgerhaus, um 10.30 Uhr: Gedenkveranstaltung zum Holocaustgedenktag. Zu Wort kommen Schülerinnen und Schüler der Alten Landesschule, der Beruflichen Schulen Korbach und der Louis-Peter-Schule. Im Anschluss wird in der Straße im «Tempel» der Korbacher Opfer gedacht.

Roth, ehemalige Landsynagoge (Kreis Marburg-Biedenkopf), 27. Januar von 17 bis 19 Uhr: In den Fenstern der Landsynagoge werden Portraits jüdischer Bewohner/innen aus Roth gezeigt. In der Synagoge ist eine stille Lichtinstallation aufgebaut.

Arolsen Archives startet Digitalisierungsaktion von NS-Häftlingsakten

Die Arolsen Archives rufen aus Anlass des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zu einer Neuauflage der Aktion #everynamecounts auf. Dabei können alle Interessierten darin mitwirken, dass Originalakten von NS-Opfern digitalisiert und öffentlich zugänglich werden. So sollen die Namen der Opfer nicht in Vergessenheit geraten. 

Projekt #LastSeen veröffentlicht Fotos von NS-Deportation aus Fulda

Das Projekt #LastSeen hat neue, bisher unbekannte Fotos einer NS-Deportation im Dezember 1941 in Fulda entdeckt und veröffentlicht. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die bei starkem Schneetreiben auf Gleis 1 des Fuldaer Bahnhofs einen Personenwaggon besteigen oder auf den Einstieg warten. Ziel des Projekts ist es, Bilder der Deportationen aus dem Deutschen Reich systematisch zu erfassen und zu dokumentieren. 

Gegen das Vergessen: Jugendliche und Azubis engagierten sich in Auschwitz

«Teilt Eure Erfahrungen, arbeitet weiter gegen Rassismus und Antisemitismus – gerade in diesen Zeiten»: Dazu ermutigte Bischöfin Dr. Beate Hofmann rund 30 junge Menschen, die sich im Sommer dieses Jahres für zwölf Tage in der Gedenkstätte Auschwitz engagiert haben. Sie schilderten der Bischöfin ihre persönlichen Eindrücke.